Liebe Leserinnen und Leser,
wieder einmal steht die Rohfleischfütterung für unsere Haustiere in unberechtigter Kritik!
Ein Artikel der Zeitung „Welt“ zur vermeintlichen „Gefährlichkeit der Rohfleischfütterung“ geht durch das Netz und verunsichert wieder einmal viele Tierhalter, die ihren Hunden und Katzen eine gesunde Rohfleischernährung zugutekommen lassen. Und nicht nur in der „Welt“ wurde darüber berichtet, was niederländische Wissenschaftler in einer Studie herausgefunden haben wollen. Auch andere Vertreter der einschlägigen deutschen Presse beschäftigen sich mit den „neuen“ Erkenntnissen vom Team um Freek van Bree von der Universität Utrecht. Ursprünglich wurde der Artikel in der Fachzeitschrift „Vet Record“ veröffentlicht.
Darstellung Rohfleischfütterung in der Presse
Zitat der „Welt“ (Jan.18): „Barfen, das Verfüttern von rohem Fleisch an Haustiere, liegt im Trend. Nun aber warnen niederländische Wissenschaftler davor. Sie haben in Futterproben Bedenkliches gefunden.“
Zunächst einmal ist festzustellen, dass es keine Studie zu dieser Analyse gab, wie es im Artikel der „Welt“, in anderen Zeitschriften und im Netz zu lesen ist. Es handelte sich lediglich um eine Analyse von 35 der in Utrecht meistverkauften tiefgekühlten Tiernahrungen, die Rohfleisch enthalten. Die Produkte von insgesamt acht Herstellern enthalten zum Teil rohe Eier, Gemüse und andere rohe Lebensmittel.
Im Laufe des Artikels wird klar, dass es sich um eine Warnung für den Menschen im Umgang mit dem Rohfutter für Tiere handelt. Es wird darauf hingewiesen, dass das Rohfutter für unsere Tiere meist kein Problem darstellt, da diese über ein Verdauungssystem verfügen, das mit der gefundenen Menge an Keimen bzw. Erregern meist problemlos fertig wird.
In einem weiteren Absatz wird dann jedoch die Aussage gemacht, dass die Erreger aus dem Rohfleisch über den Körperkontakt mit dem Tier übertragen werden können. Wir alle, die Rohfleisch füttern, wissen, dass die Rohfleischfütterung unseren Fellnasen ein weitaus besseres Immunsystem beschert, als es bei der Fütterung von industriellem Futter der Fall ist.
Keime lauern überall in der Umwelt. Im Artikel wird beschrieben, dass Trocken- und Nassfutter nicht mit Keimen belastet seien. Das halte ich – vor allem bei Trockenfutter – für ein Gerücht! Nicht nur Keime, sondern vor allem auch Schimmelpilze sind an der Tagesordnung. Nassfutter, häufig mit hohen Getreideanteilen und minderwertigen Eiweißquellen versehen, führt sehr oft zu einer Magen-Darm-Störung. Wenn behauptet wird, dass die Rohfleischfütterung der Grund für Magen-Darm-Infektionen sei, dann dürften mit Nassfutter gefütterte Tiere niemals daran erkranken. Auch hier wissen alle, dass dies nicht stimmt! Im Gegenteil, das Immunsystem dieser Tiere ist deutlich schwächer und anfälliger für Keime und Parasiten aus der Umwelt.
Dazu kommt, dass der pH-Wert im Magen-Darm-Trakt von roh gefütterten Tieren deutlich niedriger ist – und somit Erreger und Parasiten viel besser abtöten kann – als bei Tieren, die mit industriell hergestellter Nahrung gefüttert werden. Im Vergleich: Katze bei Rohfütterung pH-Wert 1-2, bei Fütterung z.B. mit Trockenfutter pH-Wert 6-7.
Der Direktor Josef Kamphues vom Institut der Tierernährung an der Tierärztlichen Hochschule in Hannover geht sogar so weit, zu sagen - Zitat der Welt: „Wenn allerdings Kleinkinder mit Haustieren zusammenleben, hört der Spaß auf.“
Das sind Aussagen, die sicher keiner der Tierhalter, die oft über Jahrzehnte Tiere im Haushalt haben und die diese mit rohem Fleisch füttern, bestätigen würde. Ganz im Gegenteil! Die Tiere sind gesund und übertragen keine Infektionen. Es wird weiterhin sogar gefordert, dass die Kinder nach jedem (!) Kontakt mit dem Tier gründlich die Hände waschen. Das wird in keinem Haushalt, in dem Kinder und Tiere zusammenleben, praktiziert – weil völlig realitätsfern und nicht praktikabel.
„Wir haben hier eine zusätzliche Kontaminationsquelle in direkter Umgebung des Menschen“, so Kamphues, weil sie Überträger sein könnten. Er rät dazu, dass Tierfutterreste nicht mit Lebensmitteln oder Küchengegenständen für Menschen in Berührung kommen dürften.
Nun wird es spannend! Schauen wir uns jetzt an, was tatsächlich kritisiert wurde. Das rohe Fleisch wurde auf Bakterien untersucht. Die Forscher fanden:
- e-coli, die zum Teil schwere Lebensmittelvergiftungen auslösen, zum Teil antibiotikaresistent
- Listerien, die beim Menschen Entzündungskrankheiten verursachen können, v.a. bei immungeschwächten Menschen und Schwangeren
- Salmonellen (allerdings war die Anzahl dieser Bakterien gering, die zulässige Grenze für Menschen war nicht überschritten)
- Parasiten wie Sarcocystis und Toxoplasma gondii mit der Anmerkung, dass diese durch die Tiefkühlung inaktiv werden würden, jedoch - UND jetzt ACHTUNG - manche Menschen kaufen das Fleisch für die Tiere ja auch frisch beim Metzger und dann wäre die Gefahr wieder präsent
ERGO: Das Fleisch ist schon kontaminiert, wenn es als Rohfutter verarbeitet wird! Dies führt zum Schluss, dass das meiste Fleisch, das der Mensch verzehrt, kontaminiert ist bzw. sein kann!
Empfehlungen des BVL zum Umgang mit rohem Fleisch
Schauen wir uns dazu die Aussagen des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit an: "Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählen lebensmittelbedingte Infektionen und Intoxikationen zu den häufigsten Erkrankungen des Menschen. Durch einen sorgfältigen und sachgerechten Umgang mit Lebensmitteln können Hersteller, Verarbeiter und die Gastronomie ebenso wie die Verbraucher das Risiko einer lebensmittelbedingten Infektion oder Intoxikation minimieren.
Die meisten lebensmittelbedingten Infektionen entstehen beim Verzehr von Lebensmitteln tierischer Herkunft, also Fleisch, Wurst, Eiern oder Milchprodukten, die mit Erregern kontaminiert sind. Die Kontamination kann auf allen Stufen der Lebensmittelkette von der Erzeugung bis zum Verzehr erfolgen. Häufig werden die Erreger aber auch von kontaminierten Lebensmitteln (z. B. rohes Fleisch) durch unsachgemäßen Umgang bei der Zubereitung von Speisen auf andere Lebensmittel (z. B. Salat) übertragen.“
Vor folgenden Erregern wird gewarnt (zum Teil antibiotikaresistent):
- E coli in verschiedenen Variationen einschließlich EHEC
- Camphylobacter-Bakterien
- Salmonellen
- Clostridium botulinum
- Listerien
- Staphylokokkus aureus
- Parasiten wie Toxoplasmose oder im Wildschwein z.B. Trichinen wurden hier noch gar nicht aufgeführt
Und nun wird auf einmal deutlich, dass es eigentlich gar nicht um das Rohfutter selbst – wie der Artikel der "Welt" suggeriert – geht, sondern um die Kontaminierung von Fleisch allgemein und vor allem um die Hygienebedingungen bei der Herstellung des Futters und bei der Zubereitung und Fütterung zuhause.
Da braucht nur mal ein Darm eines Schlachttieres beim Ausnehmen verletzt werden und schon ist unser Fleisch mit Bakterien derart überschwemmt, dass es kein Wunder ist, wenn der Mensch davon krank wird. In vorliegenden Fall wird jedoch die Rohfütterung von Hund und Katze dafür verantwortlich gemacht und das ist nun mal defacto falsch.
Der Vollständigkeit halber jetzt noch die kompletten Hygieneempfehlungen des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit im Umgang mit Rohfleisch im Lebensmittelbereich. Und das gilt natürlich auch bei der Zubereitung der Futterrationen für unsere Fellnasen.
Generelle Regeln zur Vermeidung einer lebensmittelbedingten Infektion oder Intoxikation
- Achten Sie auf Mindesthaltbarkeitsdatum, Verbrauchsfristen und Lagerungsbedingungen. Diese Angaben finden Sie auf der Verpackung.
- Kaufen Sie leicht verderbliche Lebensmittel zuletzt oder verwenden Sie beim Einkauf eine Kühltasche. Kaufen Sie nur Mengen, die Sie in kurzer Zeit verbrauchen können. Mit zunehmender Füllung steigt die Temperatur im Kühlschrank an.
- Die Flüssigkeit, die beim Auftauen von gefrorenem Fleisch entsteht, kann Krankheitskeime enthalten. Verwenden Sie diese Flüssigkeit nicht weiter und bringen Sie sie nicht in Kontakt mit anderen Lebensmitteln. Materialen, die mit rohem Fleisch in Kontakt gekommen sind, sollten gründlich gereinigt werden.
- Lagern Sie rohe und bereits gegarte Lebensmittel getrennt.
- Vermeiden Sie Kreuzkontaminationen, indem Sie erst Gerichte mit einem geringen Keimrisiko zubereiten (z. B. Gemüse) und danach Gerichte mit Fleisch
- Verwenden Sie beim Grillen getrennte Zangen für rohes und gegartes Fleisch.
- Die zubereiteten Speisen sollten verbraucht und nicht über längere Zeit warmgehalten werden.
- Waschen Sie sich die Hände, wenn Sie Lebensmittel, die Krankheitskeime enthalten könnten zubereitet haben. Auch Arbeitsflächen und Geräte sollten Sie nach jedem Arbeitsgang gründlich reinigen.
- Bleiben Reste von zubereiteten Speisen, sollten Sie sie bis zum späteren Verzehr kühl lagern. Häufig werden Reste nur aufgewärmt. Um die Aufnahme von Krankheitskeimen zu vermeiden, sollten auch Reste gründlich erhitzt werden.
- Kochen Sie Rohmilch vor dem Verzehr ab.
- Rohmilchprodukte, Rohwurst und rohes Fleisch sollten nicht von empfindlichen Verbrauchergruppen wie Kleinkindern, Schwangeren oder alten Menschen verzehrt werden.
Ich hoffe, dass ich dir aufzeigen konnte, wie unberechtigt die Kritik an der Rohfleischfütterung in dem vorliegenden Artikel einmal wieder ist. Die Vorteile dieser Fütterungsform überwiegen ganz klar und mit dem nötigen Maß an Hygiene ist sie weder für Mensch noch Tier in irgendeiner Form bedenklich.
Deine Petra von Quillfeldt